HNO-Gemeinschaftspraxis | Dr. med. Lynda Günthner & Dr. med. Friedrich Günthner

Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungs- störung (AVWS)

Eine auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung liegt vor, wenn zentrale Prozesse des Hörens gestört sind.

Auf der Basis klinischer Beobachtungen wird vermutet, dass einzelne Abschnitte der zentrale Hörbahn im unterschiedlichen Maße von einer Dysfunktion betroffen sein können. Eine besondere Rolle scheinen der Hörkortex und das Corpus callosum zu sein. Nach einem Modell von Lauer zur zentral-auditiven Verarbeitung erfolgt die Analyse auditiver Stimuli (Information) in:

  • bottom-up-Prozesse
  • top-down-Prozesse

Die bottom-up-Prozesse führen von unten nach oben und beginnen somit mit der Reizaufnahme, das heißt mit der Wahrnehmung. Sie führen bis zu den mentalen Prozessen und beruhen auf einer Signalverarbeitung. Dagegen beinhalten die top-down-Prozesse höhere mentale Vorgänge wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Vigilanz.

Eine Beurteilung der auditiven Fehlfunktionen ist von grundlegender Bedeutung. Im Einzelnen handelt es sich um Speicherung und Diskrimination als Basisfunktion und Synthese, Analyse und Ergänzung als höhere Funktionen. Für die Therapieplanung ist wichtig, ob eine auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung isoliert, in Kombination mit anderen Störungen (Sprachentwicklungsstörungen, Lese-Rechtschreib-Schwäche, Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung, Lernstörung oder Intelligenzminderung) oder als Symptom solcher Störungen vorliegen können. Welches Störungsbild primär oder sekundär ist, lässt sich in der Regel nicht feststellen. Je präziser die Diagnose, umso effektiver die Therapie. Deshalb nimmt die Diagnostik viel Zeit in Anspruch. Wir bemühen uns, die Belastung für das Kind möglichst gering zu halten, aber auch um Fehleinschätzungen, welche aus mangelnder Konzentration und Aufmerksamkeit resultieren können, zu vermeiden.

In unserer Praxis müssen die Eltern einen Fragebogen ausfüllen. Danach erfolgt eine strukturierte Anamnese über Schwangerschaft, Geburt, Sprachentwicklung, Hand- und Körpermotorik, Kognition und Sozialverhalten. Nach erfolgter otorhino-laryngologischer Untersuchung erfolgt die Hördiagnostik: Tonschwellenaudiometrie, Tympanometrie, psychoakustische Tests wie Sprachaudiogramm mit und ohne Störgeräusch, dichotischer Test, TEOAE und BERA-Messung. Anschließend erfolgen weitere verbale und nonverbale Tests zur möglichst genauen Beurteilung der auditiven Teilfunktionen. In der Regel werden dazu zwei Termine vereinbart.

Als Therapie ist ein individuelles Vorgehen erforderlich, welches ausführlich besprochen wird und dem Entwicklungsstand angepasst wird.